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Gescheiterte Ampelkoalition: Reaktionen von der Basis

20. November 2024

Anke Capellmann berichtete am 20.11.2024 in der Aachener Zeitung:

Die Auflösung der Ampel-Koalition auf Bundesebene hat zu Schuldzuweisungen zwischen SPD und FDP geführt. Der Fraktionsvorsitzende der FDP in Eschweiler und die Vorsitzende der FDP in Stolberg äußerten sich zu den Konsequenzen und den zukünftigen Herausforderungen.

Stefan SchulzeStefan Schulze, Fraktionsvorsitzender der Eschweiler FDP, sieht im Ende der Ampelkoalition eine notwendige Weichenstellung und mahnt an, dass Bundesentscheidungen auch auf kommunaler Ebene spürbar sind. Foto: FDP

Eschweiler. Die Ampel auf Bundesebene wollte eine Koalition des Aufbruchs sein, doch am Ende sei sie gescheitert. Seitdem würden sich SPD und FDP gegenseitig die Schuld für das Scheitern zuschieben.

Stefan Schulze, Fraktionsvorsitzender der Eschweiler FDP, habe dazu gesagt, dass die Beendigung der Koalition prinzipiell eine Entscheidung gewesen sei, die sowohl aus interner Sicht für alle Beteiligten keine Alternative mehr erlaubt habe und auch dem Wunsch der Bevölkerung entsprochen habe. Zeitpunkt, Art und Weise sowie die anschließenden Schuldzuweisungen der agierenden Personen seien in vielerlei Hinsicht den Ämtern und ihrer damit einhergehenden Verantwortung nicht gerecht geworden.

Schulze befürchte allerdings nicht, dass sich die FDP nun auf Bundesebene gänzlich zerschlagen könnte. Stattdessen hätte er diese Befürchtung eher bei einem Verbleib in der Koalition gehabt, nicht jedoch, nachdem nun die Weichen neu gestellt werden konnten.

 



„Jede Entscheidung des Bundes hat auch Auswirkungen auf die kommunale Ebene.“
Stefan Schulze, Fraktionsvorsitzender FDP Eschweiler
 

Die Bundesregierung sei auch am Streitpunkt Schuldenbremse zerbrochen. FDP-Chef Christian Lindner habe erklärt, die von Kanzler Olaf Scholz geforderte Aussetzung der Schuldenbremse hätte gegen seinen Amtseid verstoßen. Zum Verhalten von Christian Lindner habe Schulze gesagt, dass jeder Minister an die Gesetze des Landes gebunden sei und Lindner richtig entschieden habe. Die Kriterien der Schuldenbremse zu reformieren, sei eine andere Frage. Dennoch verwalte der Staat nur das Geld seiner Bürger, er besitze es nicht.

Dass Volker Wissing auf Bundesebene aus der FDP ausgetreten sei und Verkehrsminister bleibe, habe Schulze so bewertet, dass Wissing eine Entscheidung getroffen habe, deren Sinn er nicht nachvollziehen könne und die er für falsch halte. Gleichwohl wolle er nicht über Wissings Motive spekulieren oder ihm prinzipiell in Abrede stellen, dass er aus seiner Perspektive diese auch in der Absicht getroffen habe, dem Land zu dienen.

Dass das Scheitern der Ampel-Koalition auch Auswirkungen auf die Politik der FDP auf kommunaler Ebene haben werde, sei für Stefan Schulze naheliegend. Jede Entscheidung des Bundes habe auch Auswirkungen auf die kommunale Ebene. Aber das wisse man, wenn man ein politisches Amt im Stadtrat übernehme. Damit müsse man leben und das Beste daraus machen.

 



„Christian Lindner hat als Parteivorsitzender eine klare und konsequente Haltung gezeigt. Der Erhalt der Schuldenbremse ist nicht nur ein politisches, sondern ein generationsübergreifendes Anliegen. Kompromisse dürfen nicht zu Lasten der zukünftigen Generationen gehen.“
Natalie Stercken, Vorsitzende FDP Stolberg
 

Natalie Stercken, Vorsitzende der Stolberger FDP, betonte den Einfluss der Bundespolitik auf die Wahrnehmung und die politische Stimmung auf kommunaler Ebene. Dennoch sei es die Aufgabe der FDP vor Ort, ihre Arbeit und Erfolge in den Vordergrund zu stellen. Die kommunalen Programme der Stolberger FDP orientierten sich an den spezifischen Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger in Stolberg, und darauf werde weiterhin der Fokus gelegt. Die Entwicklungen würden genutzt, um sorgfältig zu analysieren, was die Ereignisse für die kommunalpolitische Ausrichtung bedeuteten.

Dass die FDP die Bundesregierung verlassen habe, bewertete Stercken so, dass Christian Lindner das Ultimatum von Bundeskanzler Olaf Scholz als Verletzung seines Amtseids angesehen habe, da dieser ihn verpflichten wollte, die Schuldenbremse des Grundgesetzes auszusetzen. Die Schuldenbremse sei ein verfassungsrechtliches Instrument, das die Bundesregierung und den Bundestag zur Haushaltsdisziplin verpflichte. Sie auszusetzen hätte bedeutet, gegen die Prinzipien der Haushaltsstabilität zu handeln, die Lindner als Finanzminister und gemäß seinem Eid zu schützen verpflichtet gewesen sei. Ein solches Vorgehen hätte daher gegen seine Verantwortung verstoßen, Schaden vom deutschen Staat abzuwenden. Außerdem habe Lindner mit seinem Verhalten eine klare und konsequente Haltung gezeigt. Kompromisse dürften nicht zu Lasten der zukünftigen Generationen gehen.

Bundeskanzler Scholz habe in seiner Regierungserklärung angekündigt, die Vertrauensfrage am 11. Dezember zu stellen. Sollte es zu Neuwahlen kommen, sollen diese am 23. Februar stattfinden. Ursprünglich hätte die Bundestagswahl am 28. September 2025 stattfinden sollen – an dem Tag, an dem auch etwaige Stichwahlen der Kommunalwahlen 2025 stattfinden würden. Dadurch könnte die Wahlbeteiligung auf kommunaler Ebene sinken.

Stefan Schulze von der Eschweiler FDP sehe diese Gefahr derzeit nicht. Er glaube, genau das Gegenteil werde der Fall sein. Viele Menschen empfänden es so, dass die „große“ Politik die Verbindung zum Alltag der Menschen verloren habe. Auch wenn das nicht in jedem Fall so sei: auf der Ebene der Kommune habe man als Bürger die Nähe zu den politischen Vertretern, wenn man es denn möchte – und es könne gemeinsam sehr viel mehr erreicht werden, als man es sich mitunter einreden lasse.

Natalie Stercken und ihre Stolberger FDP wollten sich dafür einsetzen, die Bürgerinnen und Bürger aktiv zu informieren und zu mobilisieren, damit sie ihre Stimme sowohl bei der Bundestagswahl als auch bei der Kommunalwahl im Herbst abgeben.

Laut Medienberichten solle sich die FDP schon Wochen vor dem Ampel-Aus auf ein Ende der Koalition vorbereitet haben. Stercken habe dazu gesagt, dass die Behauptung, die FDP habe den Bruch der Ampelkoalition bereits seit September akribisch geplant, ihrer Meinung nach eine überzogene Interpretation sei. Zumal liege es in der Natur der Politik, sich frühzeitig mit verschiedenen Szenarien auseinanderzusetzen – und das sei kein Skandal.

Vor dem Hintergrund der Streitigkeiten innerhalb der Ampel-Regierung und dem Stimmungsbild, dass viele Menschen sich ein Ende der Regierung gewünscht hätten, sei es auch laut Stefan Schulze von der Eschweiler FDP sogar die Pflicht demokratischer Parteien, sich auf verschiedene Szenarien vorzubereiten. Tatsächlich wäre es sogar fast fahrlässig gewesen, hätte die FDP nicht im Vorfeld alle Möglichkeiten durchgespielt.

Aachener Zeitung, 20.11.2024

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